Rede des Fraktionsvorsitzenden Thomas Trüper auf der Gemeinderatssitzung am 28.07.2020:
Die Fraktion LI.PAR.Tie. begrüßt die Vorlage V375/2020 als wichtigen Schritt in Richtung sozial gerechter Bodennutzung. Es handelt sich tatsächlich um einen Paradigmenwechsel in der Bodenpolitik, jedoch eher um deren Anfang. Andere Kommunen sind da schon erfolgreich viel länger unterwegs. Wir selbst bzw. DIE LINKE hatten bereits 2016 in Antrag A255/2016 den Ankauf von Grundstücken aus damaligen überplanmäßigen Haushaltsüberschüssen gefordert sowie deren Bereitstellung für preisgünstigen / sozialen Wohnungsbau auf Basis von Erbbaurecht.
Wir haben zu dieser Vorlage einen Ergänzungsantrag eingebracht, der neben redaktionellen Änderungen Teil 2 der Vorlage betrifft, also die Strategie bei der Vermarktung von städtischen Grundstücken. Wir schlagen darin vor, dass bei der Vergabe von Grundstücken an Dritte auch die Gemeinschaftlichen Wohnprojekte mit einem reduzierten Erbbauzins von 1 % in den ersten 25 Jahren als eigene Kategorie einbezogen werden. Dagegen wandte die Verwaltung in der Vorberatung ein, dass dies im Moment noch nicht geleistet werden könne, da beispielsweise die Begünstigungskriterien präziser gefasst werden müssten, um Fehlsubventionierung zu vermeiden ebenso wie aus dem Beihilferecht resultierende Probleme. Dem können wir soweit folgen, halten aber das in unserem Antrag enthaltene Anliegen für die Weiterentwicklung der Regularien aufrecht. Wir sind gespannt auf die Evaluation des 12-Punkte-Programms in 2021.
Lassen Sie mich noch drei Anmerkungen zur Weiterentwicklung der kommunalen Bodenpolitik in Mannheim machen – man kann ja nicht früh genug die Diskussionen erneut anstoßen. Im Übrigen ist es ja eigentlich schon ziemlich spät:
- Wenn wir heute die Vorlage verabschieden, dann gilt sie für den größten Teil der Flächen in kommunalem Eigentum nicht, nämlich für die Flächen der MWSP GmbH. Wie bei der 30-%-Quote, die inzwischen Bestandteil der MWSP-Geschäftspolitik ist, gilt es also auch hier, die Übernahme der Vermarktungsstrategie zu bewirken. Wenn dies nicht gelingen sollte, wäre die Begünstigung gemeinwohlorientierter Investoren auf den größten Flächen der Stadt Mannheim viel zu sehr eingeschränkt. Denn die MWSP stellt aufgrund des ihr mit auf den Weg gegebenen Businessplans eigentumsmäßig (nicht städtebaulich) überwiegend eine reine Drehtür dar zwischen BIMA und dem spekulativen Immobilienmarkt. „Kaufen um zu verkaufen“ lautet die Devise, um eine schnelle Refinanzierung zu erreichen.
- Die eigentliche Logik des Bodenfonds folgt jedoch aus Sicht des „Konzerns“ Stadt Mannheim der Devise: Kaufen um zu halten – also „Halten, nicht verkaufen“. Auf die MWSP bezogen heißt dies aber entweder Änderung des Geschäftsmodells und letztlich des Gesellschaftsvertrages oder Stärkung der GBG, damit sie die MWSP-Flächen selbst bebauen oder durch Projektentwickler bebauen lassen kann und dann auf Dauer in ihr Eigentum als Bestandshalterin übernimmt. Anders werden wir auf lange Sicht nicht zu einem verlässlichen Bestand an bezahlbaren Wohnungen kommen. Die Mindest-Bindungsfrist von Sozialwohnungen beträgt nur 10 Jahre, die Bindungsfrist der preisgünstigen Wohnungen nach Definition des 12-Punkteprogramms nur 20 Jahre. Daher ist es eine entscheidende Frage, wer am Ende der immensen Wohnungsbautätigkeit in Mannheim Endeigentümer ist: Gemeinwohlorientierte Bestandshalter oder renditeorientierte Eigentümer, die ihr Eigentum wie eine x-beliebige Handelsware behandeln.
- Wenn man dieser Logik folgen kann, wirft dies sofort gravierende Fragen für die kommenden Kommunalhaushalte auf: Investments in Grund und Boden sowie evtl. in Kapitalerhöhungen für die GBG stehen dann zusätzlich zu der halben Mrd. Investitionen auf der Tagesordnung und müssen bewältig werden. Folgt man dieser Logik nicht, erklärt man damit das Unvermögen oder die Nichtzuständigkeit der Stadt Mannheim, nachhaltig und ausreichend preisgünstigen Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu beschaffen.
Fürs Erste jedoch ist die jetzige Vorlage ein notwendiger und überfälliger Schritt. Daher Zustimmung.