Nachschärfen bei der wohnungspolitischen Strategie

Änderungsantrag zu V070/2023:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik möge dem Gemeinderat empfehlen:

  1. Die Belegungsbindung beim Quotenmodell für preisgünstigen Wohnraum und bei anderweitig realisiertem gefördertem Wohnraum wird auf 40 Jahre verlängert und festgesetzt.
  2. Die Begrifflichkeiten „bei größeren Neubauvorhaben im unbeplanten Innenbereich“ (4. Spiegelstrich Beschlusstext) und „bei geeigneten Bauvorhaben im Stadtgebiet“ (Kapitel 6.2), ab wann nach § 9 (2d) BauGB sozial geförderter Wohnraum realisiert werden soll, werden definiert.
  3. Das Quotenmodell für preisgünstigen Mietwohnungsbau (Kapitel 6.1) wird ab 01.01.2024 wie folgt angepasst: „Beim Verkauf […] und der Schaffung von Baurecht im gesamten Stadtgebiet wird für Wohnungsneubauvorhaben ab einer Größe von 10 Wohneinheiten ein verpflichtender Anteil von 50 % preisgünstigen Mietwohnraums über städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB festgesetzt.“
  4. Das Bürgerbüro Wohnen wird gem. Gemeinderatsbeschluss zu A555/2022 umgesetzt.

 

Begründung:

In Mannheim mangelt es trotz der bereits eingeführten wohnungspolitischen Instrumente und trotz hoher Bauaktivität der vergangenen Jahre an vielen Stellen im Stadtgebiet an preisgünstigem Wohnraum. Durch die Anhebung der Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein (WBS) haben in Mannheim deutlich mehr Haushalte einen Anspruch auf diesen. Da die Einkommen in Mannheim unter dem baden-württembergischen Durchschnitt liegen, die Mieten aber vergleichsweise hoch sind, dürfte der Anteil an WBS-Berechtigten in Mannheim sehr hoch ausfallen (geschätzt etwa 50 % aller Haushalte). Der hohe Bedarf zeigte sich bereits 2021, als sich die Zahl der erteilten WBS im Vergleich zu den Vorjahren ungefähr verdoppelte. Weiterhin ist mit langfristig hohen und weiterhin steigenden Nebenkosten zu rechnen, die die Mieter*innen zusätzlich belasten. Wie in V072/2023 steht, könnte die geeignete Monatsmiete von 30 % des monatlichen Nettoeinkommens in der Realität überschätzt werden und der Anteil der mit leistbarem Wohnraum versorgten Haushalte wird möglicherweise als zu hoch eingeschätzt.

Neben der weiterhin dauerhaft hohen Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum, u.a. durch sinkende Reallöhne und die Versorgung weiterer nach Mannheim flüchtender Menschen, verringert sich der Wohnungsbestand in Sozialbindung dramatisch: Allein bis 2040 wird ein Rückgang von knapp 20 % im Vergleich zu heute festgestellt. Durch die Sozialquote in Höhe von 30 % für preisgünstigen Mietwohnraum, die nur bei einem Teil der Wohnungsbauvorhaben überhaupt greift, kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Daher sind sowohl eine deutliche Erhöhung der Quote, eine Ausweitung der Quotenanwendung auf Bereiche nach § 34 BauGB gem. § 9 (2d) BauGB als auch die deutliche Verlängerung der Sozialbindung erforderlich. Ein größerer Anteil langfristig preisgebundener Wohnungen ist erforderlich, um die Versorgung mit preiswertem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten nachhaltig zu ermöglichen. Dazu bedarf es auch einer zentralen Beratungs- und Koordinierungsstelle in Form eines „Bürger*innen-Büro Wohnen“, um alle Angebote in Mannheim aufzeigen und vermitteln bzw. beraten zu können.