Fortführung des Verkehrsversuchs Innenstadt

Der Gemeinderat möge beschließen:

  1. Der Verkehrsversuch Innenstadt gemäß V020/2022 bzw. V525/2022 wird fortgeführt, bis der Gemeinderat auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Evaluation beschließt, ob Teile des Verkehrsversuchs oder der gesamte Verkehrsversuch durch rechtliche und bauliche Anpassungen verstetigt wird oder nicht.
  2. An Schwachstellen des Verkehrsversuchs, die während der Versuchslaufzeit und im Rahmen der Evaluation festgestellt worden sind, wird die Verkehrsführung versuchsweise angepasst und dadurch der Verkehrsversuch aufgrund seiner Modifikation verlängert.
  3. Mit dem Regierungspräsidium wird eine Kulanz zur etwaig nötigen Verlängerung über den Mai hinaus und einen fließenden Übergang zu einer beschließenden dauerhaften Einrichtung geklärt.

 

Begründung:

Der Beschluss A020/2022 sieht einen Ausführungszeitraum von zwölf Monaten vor, wofür dem Gemeinderat die Erhebungsergebnisse und die Evaluation Anfang Februar 2023 vorgelegt werden sollten. Damit hätte er noch rechtzeitig vor Ende des Verkehrsversuchs entweder dessen Ende oder die dauerhafte Fortführung der Maßnahmen beschließen können. Im Oktober wurde dem Gemeinderat jedoch der veränderte Zeitplan für die Erhebung und Evaluation vorgestellt: Aufgrund diverser Baustellen im vergangenen Jahr, u.a. auf der Kurpfalzbrücke mit monatelanger Verzögerung,  mussten die weiteren Erhebungen nach hinten verschoben werden, weshalb auch die Ergebnisse und die Auswertung nun erst Ende April dem Gemeinderat vorgelegt werden können und dieser im Mai das weitere Vorgehen beschließen kann. Wir sind deshalb davon ausgegangen, dass der Verkehrsversuch bis zu diesem Zeitpunkt bestehen bleibt. Dafür spricht auch, dass der Verkehrsversuch erst Anfang Mai 2022 vollständig aufgebaut war.

In der im Herbst von der Verwaltung eingebrachten Informationsvorlage V525/2022 über den geänderten Zeitablauf wurde nicht darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung Mitte März 2023 noch vor der Diskussion im Gemeinderat über den Fortgang der Maßnahmen abgebaut werden und zur alten Verkehrsführung zurückgekehrt wird.

Die Einschätzung der Verwaltung bezüglich der rechtlichen Anfechtbarkeit nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das den Verkehrsversuch auf der Friedrichstraße in Berlin-Mitte außer Kraft setzte, die der geplanten Beendigung des Verkehrsversuchs vermutlich zugrunde liegt, teilen wir nicht. Der Verkehrsversuch dort wurde ohne Rechtsgrundlage aufgrund städtebaulicher und somit verkehrsrechtlich offenbar nicht ausreichender Gründe und ohne Umwidmung fortgeführt. In Mannheim liegen mit der durch besondere Umstände verursachten Verzögerung der Evaluation um mehrere Monate stichhaltige Gründe vor. Diese rechtfertigen zwar keine Verlängerung bis zum Sankt-Nimmerleinstag, jedoch sehr wohl bis zu einem Beschluss im Gemeinderat innerhalb eines Zeitraums von wenigen Monaten.

Mit Beendigung des Verkehrsversuchs werden die zahlreichen Besucher*innen pünktlich zur BUGA 23 wieder eine vom Autoverkehr stark belastete Innenstadt mit geringer Aufenthaltsqualität in Fressgasse und Kunststraße vorfinden. Auch der sogenannte Poser-Verkehr kann wieder lärmend durch die ganze Innenstadt cruisen, worunter die Anwohner*innen leiden werden. Zudem wird es für die Bevölkerung verwirrend und ihr kaum zu vermitteln sein, dass Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, an die sich alle Verkehrsteilnehmenden mittlerweile gewöhnt haben, wieder abgebaut und ggf. in wenigen Monaten dauerhaft wieder aufgebaut werden. Diese doppelten Auf- und Abbauarbeiten verursachen auch unnötige hohe Kosten. All das wird die Akzeptanz der neuen Verkehrsführung verringern. Schließlich wird der für Rad- und Fußverkehr gewonnene Raum zugunsten des Pkw-Verkehrs wieder eingeschränkt.

Das ist ein absolut falsches Signal, wenn die Verkehrswende ernstgenommen werden soll. Dabei haben Umfragen unter Passant*innen deutlich gezeigt, dass für eine lebendige Innenstadt einschließlich entspanntem Shopping-Erlebnis eine gute Aufenthaltsqualität viel höher bewertet wird als eine uneingeschränkte Erreichbarkeit mit dem PKW. Das bedeutet, die Maßnahmen des Verkehrsversuchs sind gut für die Bewohner*innen unserer Stadt, für die Geschäfte des Einzelhandels und für die hoffentlich zahlreichen Besucher*innen, die zur BUGA nach Mannheim kommen werden.