Kommentar zu Columbus: Grünfläche für Großparkplatz geopfert

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 12. April 2022 den Bebauungsplan 71.50 „Columbus“ mit sehr großer Mehrheit beschlossen. Dieser sieht vor, entlang der B 38, die mittelfristig zum „Stadtboulevard“ umgestaltet werden soll, ein Gewerbegebiet mit einem Möbelhaus, einem Baumarkt, einer Unternehmenszentrale sowie weiteren gewerblichen Einrichtungen zu realisieren. In der Vergangenheit war zunächst lange Zeit von einer „Ingenieursmeile“, dann von einem Stadtquartier mit ökologisch-städtebaulichem Vorbildcharakter die Rede, da hier ein attraktiver Eingang zur Stadt Mannheim entstehen solle. Von all dem ist nun nicht mehr viel übrig geblieben. Auf Columbus sind zwar Grünflächen und teilweise Fassaden- sowie Dachbegrünung vorgesehen, dennoch werden hier insgesamt 7,6 ha mehr Fläche versiegelt als bisher der Fall gewesen, 2,0 ha davon sind zusätzlich vollversiegelt. Einen großen Anteil daran tragen die beiden geplanten Fachmärkte von Segmüller (45.000 qm Verkaufsfläche) und Bauhaus (18.000 qm Verkaufsfläche). Hinzu kommt, dass auf der im städtebaulichen Entwurf ursprünglich als Grünfläche vorgesehene Bereich als ebenerdiger Parkplatz genutzt werden soll.

 

Linke Kritik am Bebauungsplan

Genau auf diesen Missstand hat die Fraktion LI.PAR.Tie. bereits in den beiden Sitzungen des Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT), in denen der Bebauungsplan diskutiert worden ist, hingewiesen und die enorme Flächenverschwendung für einen Parkplatz zulasten einer Grünfläche kritisiert. Zu erwähnen ist, dass die Firma Segmüller noch vergleichsweise vorbildlich agiert: Denn dort sollen auf dem Grundstück etwa 1.600 Pkw-Stellplätze entstehen, der größte Teil in einer Tiefgarage unter dem Möbelhaus. Bei Bauhaus werden ebenfalls auf dem Grundstück 300-400 Stellplätze vor dem Eingang entstehen, allerdings allesamt ebenerdig. Auch auf die Nachfragen hin, wie viele Pkw-Stellplätze insgesamt überhaupt erforderlich seien und wie viele auf der ursprünglichen Grünfläche hergestellt werden, konnte die Verwaltung keine konkreten Antworten geben. Mit dem Argument, dass dort in der Adventszeit ein kleiner Weihnachtsmarkt stattfinden soll, wollte die Verwaltung den Ausschussmitgliedern dieses Vorhaben schmackhaft machen. In der März-Sitzung des AUT wurde darauf hingewiesen, dass der Parkplatz an den Spitzensamstagen in der Adventszeit voll belegt sein könnte, weil da die meisten Kund*innen kämen. Welcher Bodenbelag für den Parkplatz gewählt wird und ob die Überdachung mit Photovoltaik-Anlagen geplant ist, sei keine Sache des Bebauungsplans, sondern des Bauantrags und werde im Rahmen des weiteren Verfahrens geprüft, so die Verwaltung. Die Fraktion LI.PAR.Tie. hat sich in beiden Ausschusssitzungen als einzige enthalten. Enthalten deshalb, weil das restliche Gebiet seitens Fraktion als akzeptabel angesehen wurde. Dass hier Nachbesserungen gewünscht sind, wurde jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht. Leichte Kritik kam noch von den Grünen, die Nachfragen zur Gebäudebegrünung und Abstellplätze für Lastenräder sowie ebenfalls zu Photovoltaik stellten.

Die erhofften Nachbesserungen kamen aber nicht, der Bebauungsplan wurde von der Verwaltung unverändert in den Gemeinderat am 12.04. eingebracht. Aus diesem Grund stellte die Fraktion LI.PAR.Tie. einen kurzfristigen Änderungsantrag A140/2022, nämlich den Großparkplatz als Grünfläche vorzusehen und die erforderlichen Stellplätze in Form einer Tiefgarage oder einer flächensparenden Parkpalette unterzubringen. Die Stellungnahme der Verwaltung begann mit dem Vorwurf, dass dieser Antrag „7 Jahre zu spät“ käme, da die Verhandlungen und Grundstücksverkäufe schon längst gelaufen seien. Entsprechende Änderungen am Bebauungsplan würden eine nachträgliche Teilenteignung bedeuten. Aus diesem Grund können keine Änderungen mehr vorgenommen werden, der LI.PAR.Tie.-Antrag stand also gegen den Bebauungsplan zur Abstimmung. Somit enthielt sich die Fraktion LI.PAR.Tie. beim Beschluss des Bebauungsplans, forderte die Verwaltung jedoch auf, bei künftigen Gewerbegrundstücken und -gebieten für einen flächenschonenderen Umgang mit der knappen, gar endlichen, Ressource Boden in der Stadt zu sorgen.

 

Effizienterer Umgang mit der endlichen Ressource Boden notwendig

An anderen Stellen in der Stadt wird teilweise um jeden Quadratmeter, der bebaut oder anderweitig versiegelt wird, gefeilscht. Aktuellstes Beispiel ist die Bebauung durch die Universität am Friedrichspark, obwohl hier mehr entsiegelt als neu versiegelt wird. Aber auch Bauvorhaben wie auf dem alten Festplatz in Wallstadt oder auf dem Pfalzplatz in Lindenhof führen zu teils mehrheitlicher Ablehnung im Gemeinderat. Wenn wir als Stadt vorbildlich mit unserem Boden umgehen und die Empfehlungen der Stadtklimaanalyse wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir anfangen, die vorhandenen Flächen sinnvoller und effizienter zu nutzen als bislang und zu entsiegeln, wo es möglich und sinnvoll ist.

Auf Columbus wird eine unnötige Flächenversiegelung durch eine der ineffizientesten Nutzungen überhaupt vom nahezu gesamten Gemeinderat mitgetragen: Ein „Spitzenlast“-Parkplatz. Dass es auch anders geht, zeigen viele Beispiele. Das naheliegendste ist die Bauhaus-Filiale in R5 in der Mannheimer Innenstadt, aber auch viele andere neu gebaute Fachmärkte, bspw. in Unterföhring bei München oder Wien: Hier gibt es keine ebenerdigen großflächigen Pkw-Stellplätze vor der Tür, sondern lediglich eine Tiefgarage unter dem Gebäude bzw. ein Parkhaus über dem Gebäude (R5). Auch Parkpaletten sind eine vergleichsweise kostengünstige Option, mit denen auf zwei bis drei Stockwerken Fahrzeuge geparkt und der Flächenbedarf für Parkplätze, die ohnehin so gut wie nie vollständig ausgelastet sind, auf etwa ein Drittel bis ein Viertel reduziert werden kann. Es ist widersprüchlich, dass Bauhaus, das auf der Internetseite des Unternehmens mit Nachhaltigkeit und „Verantwortung für Mensch & Umwelt“ wirbt, hier zulasten der Umwelt auf einen großflächigen Parkplatz besteht, obwohl andere Lösungen möglich wären. Ein weiteres Beispiel für Greenwashing. Leider hatte aber auch die Stadt Mannheim nicht den Mut, strengere Vorgaben durchzusetzen – vermutlich aus Angst, dass Segmüller und Bauhaus abspringen könnten. Aber vielleicht wäre eine lebendige „Ingenieursmeile“ und ein attraktiver Stadteingang dann auch Realität geworden.

 

Dennis Ulas, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie. (Mitglied bei DIE LINKE)
Mannheim, 13.04.2022