Neckarstadt-West: Abwendungsvereinbarungen und das Urteil zum Vorkaufsrecht

Die Verwaltung möge berichten:

  1. Wieviele Abwendungsvereinbarungen wurden bisher im Sanierungsgebiet Neckarstadt-West abgeschlossen?
  2. Gab bzw. gibt es Verstöße gegen Abwendungsvereinbarungen?
  3. Welche Sanktionen sind bei Verstößen vorgesehen und bisher durchgeführt worden?
  4. Hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im November 2021 zum Vorkaufsrecht einer Kommune in Gebieten mit einer Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung der Abwendungsvereinbarungen im Sanierungsgebiet?
  5. Welche Folge hat dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf die Überlegungen, in der Neckarstadt-West und im Jungbusch eine Erhaltungssatzung aufzustellen?

 

Begründung:

Am 09.11.2021 teilte das Bundesverwaltungsgericht in einer Pressemitteilung seine Entscheidung mit, dass das Vorkaufsrecht von Kommunen in Gebieten mit einer Erhaltungs- bzw. Milieuschutzsatzung nicht gültig ist, wenn es nur auf der Annahme basiert, dass der Käufer einer Immobilie aufgrund erwarteter steigender Mietpreise die Mieter*innen verdrängen will, und wenn das Gebäude keine Mängel aufweist.

Gängige Praxis war bisher, dass Kommunen in Milieuschutzgebieten Investoren vor die Wahl stellen, eine Abwendungsvereinbarung zu unterschreiben oder die Kommune zieht das Vorkaufsrecht. In der Abwendungsvereinbarung verpflichtet sich der Investor, die Regeln einer Milieuschutzsatzung einzuhalten, insbesondere extreme Mietpreissteigerungen oder Umwandlungen zu vermeiden, um die Bestandsmietparteien vor Verdrängung zu schützen.

Für die Neckarstadt-West existiert derzeit zwar keine Milieuschutzsatzung, jedoch sollen mit Investoren Abwendungsvereinbarungen abgeschlossen werden, in denen die Einhaltung der Sanierungsgebiet-Satzung und -Ziele abgesichert wird. Die praktische und rechtliche Wirksamkeit der Abwendungsvereinbarungen war jedoch bisher schon unklar, was auch mit einem Informationsdefizit gegenüber Gemeinderat und Öffentlichkeit zusammenhängen dürfte.

Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts könnte die rechtliche Bedeutung der Abwendungsvereinbarungen endgültig in Frage gestellt werden, da auch sie als Alternative ein Vorkaufsrecht der Stadt vorsehen. Eine Klärung sehen wir als dringend geboten an. Dazu müssten wir allerdings erstmal den Umfang der Abwendungs-vereinbarungen in Bezug auf Anzahl und (bisherige) Wirksamkeit kennen. In diesem Zusammenhang möchten wir auch an die ausstehende Beantwortung unserer Anfragen A296/2020 zu den Wohnungspolitischen Vereinbarungen sowie A297/2020 zu den Abwendungsvereinbarungen in der Neckarstadt-West erinnern.